Einführung in das Thema der postpartalen Sexualität:
Die Geburt des eigenen Kindes zu erleben ist wohl mitunter für alle Menschen eines der prägendsten Erlebnisse. Sie ein intensives, schönes, gewaltiges, einschneidendes, schmerzhaftes und oft auch verletzendes Ereignis.
Es braucht, bei allem Glück, auch Zeit, sich an dieses neue Leben zu gewöhnen, einander kennenzulernen, das Erlebte zu verarbeiten sowie Wunden heilen zu lassen. Keine Zeit im Leben eines Paares ist so umstellungsreich wie die Zeit nach der Geburt eines Kindes. Auch Stillen, Abpumpen der Muttermilch oder die Zufütterung durch den Schoppen bringt eine Veränderung mit sich. In der Sexualität bedeutet dies auch; Die Brust, vorher als lustvoll und erotisch empfunden, löst sich ab durch eine Nahrungsquelle für das Kind.
Mit der sexuellen Biografie, welche jede Frau und jeder Mann besitzt, gibt es eine Vielzahl an Faktoren, die das Erleben der Sexualität beeinflussen. Insbesondere die Geburt des ersten Kindes stellt einen bedeutenden Einschnitt im bisherigen Beziehungsgefüge dar. Aus der Liebesbeziehung wird eine Dreiecksbeziehung. Die intensive Erfahrung, besonders für Frauen, kann in Konkurrenz mit der Beziehung zum Partner stehen und die bisher gelebte Sexualität muss neu definiert werden.
Gerade nach einer Schwangerschaft kann ein erfülltes Sexualleben die Beziehung der Eltern positiv beeinflussen.
Was ist der aktuelle Stand in der Forschung?
Die meisten Forschungsstudien der letzten Jahre zum Thema der postpartalen Sexualität fokussierten sich vor allem auf die Veränderungen bei den Frauen. Untersuchungsgegenstand in Bezug auf die postpartale Sexualität waren Einflussfaktoren wie ein Dammriss, postpartale Depressionen, Schlafmangel, Erschöpfung oder Stress sowie auch die neue familiäre Konstellation in Bezug auf Sexualität und Partnerschaft der Eltern. Die Studien sind sich einig, dass vor allem die körperlichen Implikationen bei der Frau den grössten Einfluss auf die Wiederaufnahme von sexueller Aktivität haben. Es ist aber auch so, dass der Schwerpunkt der Forschung vor allem auf den physischen Aspekten beruhte. Viele der Studien legten den Fokus der sexuellen Gesundheit insbesondere auf Variablen wie sexuelle Lust, Dyspareunie (sexuelle Funktionsstörung), vaginale Lubrikation, Orgasmusfähigkeit und die vergangene Zeit nach der Geburt bis zur ersten Wiederaufnahme von sexueller Aktivität.
Der vorherrschende Ton der Studien ist vor allem auf sexuelle Dysfunktionen und sexuelle Probleme ausgelegt. Zum Beispiel wird erwähnt, dass Frauen angeben, sie hätten in den nachfolgenden vier Wochen keinen Orgasmus gehabt oder ihr sexuelles Interesse sowie ihre sexuelle Lust sei vermindert gewesen seit der Geburt des Kindes. Diese negative Etikettierung wird den feinen Zwischentönen oder den natürlichen Veränderungen bei einer Frau sowie deren des Partners nicht gerecht.
Es gibt aber auch vermehrt Studien, die einen multidimensionalen Blickwinkel auf die postpartale sexuelle Gesundheit werfen und betonen, dass die Wichtigkeit der Kommunikation in der Partnerschaft einen der wichtigsten Schlüssel darstellt. Vor allem die Kommunikation über die Müdigkeit, den Stress mit der neuen Lebenssituation und das Fehlen von sexueller Lust aufgrund von Geburtsverletzungen oder Ängsten tragen dazu bei, dass sich das Wohlbefinden des Paares in dieser beanspruchten Zeit verbessert.
Gerade das Konzept der Intimität wird als wichtiger Faktor in dem sexuellen Wohlbefinden eines Paares in der postpartum Zeit betrachtet.
Postpartum Frauen beschrieben die Intimität anhand folgender Faktoren:
- Nähe zum Partner
- Nicht sexuelle Berührungen wie Rückenmassagen, Händchen halten sowie Kuscheln und Umarmungen
- Die Wichtigkeit des gemeinsamen Betts
- Zusammen auf dem Sofa sitzen
- Eine Fernsehsendung zusammen schauen und
- Einen Gutenmorgen-Kuss
Postpartum Frauen sind in ihrem Narrativ über die Intimität klar und gerade die Erhaltung von nicht sexuellen Aspekten der Intimität sind essentiell für die postpartale Sexualität und das sexuelle Wohlbefinden im ersten Jahr nach der Geburt.
Ein weiterer grosser Schwerpunkt bei der Wiederaufnahme von sexueller Aktivität nach einer Geburt sind die Schmerzen beim penetrativen Sex sowohl auch aber die Angst vor Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.
Auch das veränderte Körperbild und möglicherweise damit verbundene Unwohlsein bei der Frau, kann einen Einfluss auf das sexuelle Wohlbefinden haben. Die Angst, sich nicht mehr gleich zeigen zu und mit der sexuellen Lust frei mitschwingen zu können, kann sich negativ auf die Wiederaufnahme von partnerschaftlicher Sexualität ausüben. Im Gegenzug ist auch das Annehmen von sexuellem Begehren eingeschränkt.
Umso wichtiger ist es, sich auf die diese feinen Nuancen dieses Übergangs in einer partnerschaftlichen Beziehung zu fokussieren und den Veränderungen sowie unterschiedlichen Bedürfnissen Platz zu geben. In der Welt der Beratungsangebote und Therapien rund um die postpartale Sexualität gibt es wenig, was sich auf diese Thematik spezialisiert. Ein Schritt in die richtige Richtung ist das Herausfinden der Bedürfnisse dieser Paare und was die Anliegen sowie aber auch Herausforderungen bezüglich der Paar-Intimität im Kinderalltag sind.
Das ist das Ziel dieser kleinen Online - Wirksamkeitsstudie!
Die Wahrnehmung verfeinern, den Körper im Kontext dieser Thematik wahrzunehmen, um so auch seine Bedürfnisse erkennen und mitteilen zu können.
Die Studie zum Nachlesen von O'Malley et al. (2023); Sexuality of the Couple in Postpartum and early Parenthood:
file:///Users/fabiennestuder/Downloads/Sexuality_of_the_Couple_in_Postpartum_and_Early_Pa.pdf